Harlekin 2019

Circus Harlekin – Nostalgisch gut/cirque à l'ancienne

Am Dienstag, 19. März 2019, startete der Circus Harlekin traditionsgemäss in Thun in seine neue Spielzeit. Seit ich mich erinnern kann, war der Tournéeauftakt immer eine Herausforderung. So waren in den vergangenen Jahren die Witterungsverhältnisse mehr als einmal äusserst garstig, mussten in letzter Minute noch Wagen geprüft werden oder reisten vereinzelt die Artisten erst unmittelbar vor der Première an.

In diesem Jahr allerdings waren die Umstände besonders widrig. Circusdirektor Pedro Pichler erlitt vor zwei Monaten einen Oberschenkelhalsbruch und muss sich seither schonen. Er will aber im Verlaufe der Saison wieder zu Kräften kommen und die Zügel an sich nehmen. Und dann fiel verletzungshalber auch noch die Hauptnummer aus. Geplant war, dass das ungarische Schleuderbrett-Trio Csaszar unter Vertrag genommen wird. Doch weil die neue Partnerin beide Beine gebrochen hatte, musste kurzfristig nach einem Ersatz Ausschau gehalten werden.Gefunden hat man ihn im portugiesischen Jongleur, Rogerio Gonçalves, der es versteht, mit Tennis-Rackets, Devilsticks, Bällen und Bumerangs publikumswirksam umzugehen.

Ein weiteres Highlight im Programm ist das Duo Zontli aus Mexiko. Als Indianer zeigen sie synchron einen Zopfhang, wie ich ihn noch nie in dieser Form gesehen habe. Und dann sind auch noch drei junge äthiopische Artisten zu erleben. Währenddem Bereket seine Einradfahrkunst zur Schau stellt, zeigen seine beiden Landsleute ikarische Spiele, die mit 33 Rückwärtssaltos non-stop – und mit verbundenen Augen – abgeschlossen werden. Das tut einem nur schon vom Zusehen weh.
Ein Blickfang in der Kuppel ist zudem Alina Malko. Mittlerweile mit dem Sohn des polnischen Harlekin-Zeltmeisters verheiratet, windet sich die sympathische Weissrussin am roten Vertikalseil empor.

Harlekin wäre aber nicht Harlekin, wenn da auch nicht der komische Part prominent vertreten ist. Prolongiert wurde das Engagement der französischen Rossi-Clowns, Hector und Pierrot. Im RE stellen die beiden erneut ihre virtuose Musikalität unter Beweis, ohne die Entrées von vergangenem Jahr zu wiederholen. Und dann ist auch der Hausclown Lügg wieder mit von der Partie. Im ersten Teil setzt er sich in neuer Kostümierung mit den Tücken des Golfspiels auseinander. Tierisch geht es mit den sibirischen Steppenkamelen und Lamas unter der Leitung von Nicole gemächlich zu und her. Bedeutend lebhafter dann Pferd und Ponies von Susanne Mani in nostalgischem Livrée. Mit rotem Pferdebausch unterstützen die Vierbeiner den nostalgischen Touch der Nummer. Die Schleuderbrettdarbietung des Trio Csaszar hätte das nostalgische Flair des Programms sicherlich unterstrichen.

Unter dem Publikum war allerdings nirgends zu vernehmen, dass irgendetwas im Programm gefehlt hätte. Vielleicht wird das Trio im Verlaufe des Monats April das Programm noch komplettieren können. Das steht aber noch in den Sternen.
Vorab wünschen wir dem Circus Harlekin einen erfolgreichen Tournéeverlauf – insbesondere ohne weiteres Verletzungspech.
       
Text und Fotos: Filip Vincenz